am morgen den schlüssel
durchsucht
nach kleingeld
du wolltest was trinken
einen schnaps
was war dagegen zu sagen
du dachtest
der rausch letztens war gut
aber dann war er verschwunden
du standest alleine da
nur noch ranzige butter und
ein gemüseauflauf den du sicher
nur noch betrunken vertragen kannst
irgendwo raus und klagen
freunde treffen und sie fragen
es ist sicher dass du nichts bekommst
der wind hat nichts mehr übriggelassen
der wind streicht über deine haut
was ist nur mit der wirklichkeit geschehen
am morgen den raum
durchsucht
nach einem schlüssel
nichts gewagt
nichts entfernt
nichts was näher kommt und dich belügen kann
ein tag mehr auf deiner haut
ein schneiden und brechen
den rest nennt man dann ewigkeit
Der Wasserhahn - 18. Nov, 06:56
trage nicht so schwer
kleinholz bei dir
du musst schweres
tragen können
damit du dich
beschweren
etwas erkennen kannst
geh zu den mühen
geh zu dem gedanken den du noch nie hattest
ein brief für entschlossene wird gefangengenommen
jemand der schon lange nicht mehr
von deinem gewissen redete
fängt wieder an
an seiner nasenspitze kann man eine
federspitze sehen
mit der wird er dir später schreiben
ich habe es nicht so gemeint
alles ist anders
als alles andere
alles ist da um nicht zu existieren
die morgen sagen
früher
erzählen heute
von der zukunft
als hätten sich alle verspätet und kommen doch viel zu früh
Der Wasserhahn - 17. Nov, 16:21
der schmerz hat sich
versammelt
er sitzt
in den letzten reihen
abstand hält er keinen ein
die schnelligkeit schweigt
sie ist rasend vor
wut
weil sie nicht darf
was sie kann
der letzte schacht wird geschlossen
die toten grubenarbeiter
fallen hinein
niemand applaudiert
alle schauen bewegt weg
die intensivstationen sind voll
die krankenschwestern pflegen
sich selten an den kopf zu fassen
sie denken an den himmel und
die jahre die davonbreschen
sie fühlen sich vergessen
von der nacht
vom tag
vom jenseits und vom leben
sie verschmelzen mit den grubenarbeitern
sie setzen sich neben sie und
wenn einer der beiden
einen anderen verlässt
legen sie sich schlafen und träumen
es ist november
und die geräusche hinter dem schweigen
hören endlich mal auf
Der Wasserhahn - 17. Nov, 11:07
es ist wahr du hast ein
vergiss es
in die schulbank geritzt
sahst hinaus zu den bäumen
die nicht grade wuchsen
hast gesehen dass es deine pflicht war
die blätter zu zählen und
hast bemerkt
der herbst kriegt den hals nicht voll
du hast durch den flaschenhals deiner neugier
das letzte getrunken
erinnere dich wie schnell du wieder nach hause geflüchtet bist
weil
du immer nur bis ans ende der welt kamst
hast die handballerinnen bewundert
wie sie sich nach dem training volllaufen liessen
es ist wahr dass niemand vergessen wird
dass du niemand bist
hat damit nichts zu tun
Der Wasserhahn - 17. Nov, 10:47
ob sie die letzte türe erreicht
bevor sie verschlungen
nach der nächsten
vergeblichen hoffnung
lauert
noch lächelt sie
aber schon hat das lächeln
lücken
lücken die man umkreisen kann
lücken durch die man landschaft sieht
die man vergisst
noch ehe man das schmale fenster öffnet
Der Wasserhahn - 17. Nov, 10:39
wahrscheinlich war es schon immer so
dachte der dichter in uniform
er hatte einen spitzer in der hand
den er ins zimmer tragen sollte
in diesem zimmer warteten die papiere auf einfälle
er grinste die papiere an
das war lächerlich
er sah aus dem fenster
er sollte hinausgehen und
sich beobachten wie er aus dem fenster sieht
ein bißchen kippen sollte ich es
dachte er
aber es nicht öffnen
nur wenn es nötig ist
er hört seinen eigenen schrei manchmal löffelweise im traum
er möchte dann nicht erwachen
kann man einen schrei zu ende träumen
wo beginnt der schmerz und wann öffnet man die hände und
gibt sie der frau in der intensivstation
sagt ihr
hier bitte, der traum
wahrscheinlich war es schon immer so
die einen tragen den rand in sich spazieren
werden zurecht gespült
ich bin nicht deine mutter hatte sie oft zu mir gesagt und
wurde immer schöner
ihr fahrrad versenkte die eigene kette
ich dachte
es ist besser wenn ich verschwinde und ihr nichts sage
es stand alles bereits fest
im traum rätselten alle fahrradketten der welt um die wahrheit
die wahrheit war klar und echt
konnte finster wie ein offenes fenster sein
wie ein schrei der stehenbleibt und dich ansieht und vorbeigeht
nicht an dir
sondern an dem rausch den du hinterlässt
wenn es endet
Der Wasserhahn - 17. Nov, 06:56
es geht nicht
es läuft alles auseinander
ich trinke bier
denke nach
er sagt
ich trinke mir
bier
ich denke nach
er windet sich
schaum vor dem mund
was ist vor dem hof los
monster kriegen sich nicht mehr ein
wollen in dein leben rein
es geht nicht denke ich
denkt er
er denkt
ich trinke bier
ich zucke zusammen
möchte mal wissen wer ich bin
wer das ist der solche fragen stellt
ich denke nach
er denkt nach
er weiß nichts mehr von einer erinnerung
er fällt zusammen
er sitzt herum
er denkt
ich denke
ich denke bier
ich denke staunen
ich denke
man muss brüllen
vor wut ganz sanftmütig werden
Der Wasserhahn - 16. Nov, 12:01
der sagt
ich hab dich
angeschaut
dich anzuschauen
war
gut
ach dachte ich
du bist vielleicht
er schaute sie an
er dachte
ich schneide nichts durch
ich schaue sie an
er lachte
denn sie schnitt eine bitte in sein gesicht
was ist fragte er sich
was hast du
hast du etwa ein geschenk für mich
nein
dachte sie
die blumen die ich binde
sind für den blinden horst von drüben
manchmal lädt er mich ein
zu einer reise
die wir immer vergessen
wenn er erzählt
wie es war
damals
als alle blind waren wie er
wie fröhlich die augen herumkreisten
die überall hinkamen
für die es keine erinnerung gab
nur den himmel
der verkehrtherum an der decke lag und
die eintagsfliegen gekratzt hätte
wenn sie ihn je erreicht
je erreicht, dachte er und lachte
er lachte weil er an zahlen dachte
er hätte es gerne gehabt
mit ihr zu zählen
es durfte nur nicht zur gewohnheit werden
dachte er
es müsste wie die vorfreude sein
mit der man an ein märchen denkt
dieses lange dasitzen
das viel zu schnell endet
dieser erste ausgeschlossene satz
der damit endet
dass es einmal war und dann nie wieder
Der Wasserhahn - 16. Nov, 00:40
ich erzähl nur noch geschichten von früher
im ernst
ich schaue mich nicht mehr um
deshalb sitze ich auch bei ihm
er winkt der bedienung zu
sie scheint ihm zu gefallen
warum sollte er sonst winken
ihr profil schaut nach einem offenen gespräch aus
wenn sie singt
singt sie nur für arme zärtliche jungs die am hafen stehen und
sich umarmen
gefällt es dir hier, fragt er
ich nicke
ja, sage ich mir gefällt es
aber es kommt mir alles so ironisch vor
als sitze eine am balkon
isst dunkle vergessene märchenprinzen
saugt an einem wattestäbchen und macht auch sonst
komische sachen
es ist
als hätte er ein bein verloren
ich frage ihn
ob er sich betrinken möchte
ich sagte
ich mag es wenn männer sich betrinken
etwas in ihm fällt auseinander
dabei könnte er doch sagen
denk dir nur
ich hab am bachmannpreis teilgenommen
ich habe prosa vorgelesem
prosa über das trinken
hielt sich ein kleines glas in der näh auf
griff er danach und pustete die notwendigen zweifel weg
was machst du beruflich fragte er nach dem dritten glas rum
ich setze mich fort, sagte ich
ich bin eine fortsetzerin
ich sagte
im ernst
ich bin auf bewährung draußen
es ist die höhe dass ich überhaupt dort sitzen muss
seine blicke wurden tiefer
er sah sich zum verwechseln ähnlich
was tust du, fragte er mich
ich misstraue dir
er lächelte
mit so einem lächeln kann man an den nachbartischen
nach aschenbechern suchen
die vertrösteten blicken uns zu
wie wir als letzte gehen
er sagte
ich würde dich gerne treffen
ich sah ihn an
das geht nicht
ich treffe mich nicht mit männern die sich ausklammern
wenn sie von sich reden
er redete und fing an zu schweigen
als er schwieg fragte ich ihn
er sagte
die angst
es ist die angst der telefongespräche
er flüsterte
es war alles im fluß
die gedanken in der nähe
brachten uns darauf
wer bist du, zu fragen und zu hoffen
dass sie niemand mitnimmt
Der Wasserhahn - 14. Nov, 19:44
nun schreib ich dieses gedicht
dass sich folgendes fragt
ist das alles noch da
die stücke von denen du geredet hast
in all den vierteln
sagtest du
verlässt der staub einen als letztes
vielleicht war es ein fiasko
dann war es eben eins
eines mit spiegelungen und
falschen monden
manchmal gehe ich los
und ich weiß
ich kann dich nicht treffen
du bist näher als jedes schweigen
näher als der tod
so viel vermissen
so viel dass ich mich frage
ist das alles noch da
die gespräche
die alten und die neuen ideen
vergessen vom wind
von all den taten die
jetzt beredet werden
das fenster steht offen und
du hörst doch nicht hinein
nein, ich vermisse den
kleinkram
deinen witz und
deine sorgen
ich vermisse die gespräche
die immer noch warten
dass eine geschichte zu ende
erzählt wird
wo fängt die trunkenheit an
wo der abschied
abschiede sind wie züge
sie kommen an und man
weiß
wenn sie gehen
hast du mindestens einen menschen verloren
Der Wasserhahn - 12. Nov, 01:36
er erwacht am morgen in der früh
greift zu seinem kleinen hakenkreuz
hört die alten trachtenlieder und
schläft wieder ein
wenn er schläft träumt er
wenn er träumt zielt er
auf sein geliebtesland
er zählt die zerbrochenen verbotsschilder
die fische am hafen kichern
der faschist isst ein brot und
will den durst drauflegen
aber der durst ertrinkt und
der nazi erwacht
wenn er erwacht greift er zu seinem
kleinen hakenkreuz
er schaut hinaus
sieht vier bosnierInnen vor der deutschen haltestelle stehen
partisanen ruft er
kommt her und streckt mich nieder
er schläft wieder ein und träumt
er wäre durch und durch ein
antifaschist
er steht sich selber gegenüber
wer bist du fragt er
wer bin ich fragt er
die augen bilden einen kreis
der faschist zieht bilanz
er erwacht und wie er erwacht
stehen die vier bosnerinnen vor ihm und lachen
Der Wasserhahn - 11. Nov, 21:27
putzeimer gehen baden
in ringe ringelwasser
trockenfeste trinkseile
die schufte bestellen pflaumenobstler
die schwindligen erkennen
den sinn in
vergessen das lange dünne
unsortierte gesprochene
geflochtene
so weit auseinander
blutsalben
herkunftsländer strophen
wohin gehen
dort wo das bellen steht
das gemeinsame
türen öffnet mit augen
die vergessen können
ohne zu verstehen
Der Wasserhahn - 11. Nov, 04:36
da tauchen schwarze wolken auf
das teewasser brennt
den ganzen abend löffelweise erwartungen
alles geht schief
alles klappt
darvidso brennt schnaps und tauscht ihn
gegen ein megaphon
in das megaphon schreit er
warum hab ich den schnaps verkauft
er weiss es nicht mehr
er ist durstig
im film wüde er seine knarre nehmen und
vergessen wer er ist
er stände ganz nah am fluss und
würde die tränen zählen die aus der knarre kullern
Der Wasserhahn - 10. Nov, 18:44
zuerst kam es ihm wichtig vor
dass er die kichererbsen
ernst nahm
jedesmal wenn er sie
in den mund nahm und
er nahm sie oft in den mund
musste er lachen
sein lachen klang wie flachbildschirme glänzen
wenn man sie einstaubt
er belog sich selber dass das in ordnung sei
aber er wusste es besser
er wusste es doch besser
wer bin ich nur, fragte er sich
er fragte es sich so schmerzhaft als presse er die frage aus
so ein gefühl hatte er von sich
es ist besser wenn ich herbert besuche
herbert schreibt gedichte gegen seine eigene existenz
er klopfte
was ist, fragte herbert
der immer zweifelte ob wirklich jemand an der türe
geklopft habe
ich bin es, sagte er
er hob die stimme
blickte zurück in zorn
dachte an die kichererbsen
die sicher litten unter seinem lachen
herbert öffnete
du bist es, was ist, willst du was essen
herbert lud ihn ein
er erzählte viel
auch dass ihm ein zettel abhanden gekommen war
dort war die nummer von karin
ob er sich an karin erinnerte fragte herbert
er nickte
er erinnerte sich an sie
sie aß mit gabel und gabel wie andere
mit messer und gabel essen
sie erzählte eine menge und alles klang so unterirdisch
sie war oft nach dem siebten bier müde
trank aber das achte und ging dann eilig zum bahnhof zurück
sie wohnte dort in einen der vielen unsichtbaren schlupflöcher
an sie zu denken war
als würde man nicht an sie denken
willst du senf zum würstchen, fragte herbert
zwei teller waren in der küche aufgestellt
leere in den händen
leere im blick
er holte den senf aus einer zitronenschale
hier, sagte er und dann fragte er
guckst du das spiel heute
er schüttelte den kopf
ich hab es gestern schon gesehen
für abwesende zeigen sie die spiele immer schon am vortag
hast du karin gesehen, fragte herbert
Der Wasserhahn - 9. Nov, 08:20
erst gestern spaziert
durch die gänge
so viele namen
so viele gesichter
streifen in den cafes
dunkle messer
scharf wie die augen
leise bänder
spinnen netze
fangen an sich zu vergessen
erinnern reden von den
alten
die gesänge tragen
als wäre es die schwere
die uns sieht
uns ansieht
als wäre es der tägliche pistolenschuss
der verbotene
der stets
vergräbt
an was er glaubt
das müde
das morgenlicht leuchtet
die alten narben
wir trocknen sie ein
verlangen nichts
nur wir
die nicht mehr lieben können
erfahren alles neu
Der Wasserhahn - 9. Nov, 00:32
zu viel gesoffen
zu viel erzählt
die offenen gespräche
geschlossen
von vergessenen
lieber nicht daran denken
was uns die zeilen versprechen
was versprechen sie uns schon
sie versprechen doch nichts
wir ernten
sehen leute an
bitten sie um nichts
wir schweigen
sanfte radspuren unserer tränen
wir suchen uns
wenn wir in die gespräche
anderer schauen
was geht ab
was bleibt dran
die finsternis erkennt
nichts als funkelheit
eine reise die nicht stattfindet
die alten worte
die neuen fassaden
was sprechen wir aus
wer jagt uns davon
Der Wasserhahn - 9. Nov, 00:20
dass er bus fuhr
die busfahrer kannte
ihnen
zigaretten besorgte
die windrichtung bestimmte
fahrkarten löste
vom meer zu reden begann
solange bis er zitterte
oder bergweise
stillstand
verstummte
den ausblick genoss
den alten ausblick
der netze auswirft
gelassen hinterherspringt
ja das war das salz
das salz der planeten
oder es roch nach matratzen
während er
von den gemachten betten redete
draußen
wo die marmeladengläser auf die richtigen tische warten
eine notwendige ordnung
die türen aufgeschlagen
müde seufzend
knarrend
bis pilze ihre richtung regeln
bis die darmbachers töchter endlich
umarmen und wir
die wir besessen vom schweigen
uns verfahren
stolpern
in die verweise der richtungsbeamte verweilen
toben
brotreste schlucken
trost darin suchen
trost der heimkommt
sich umsieht
sich liegen lässt
bzw
hinter das fenster sieht
dem baum der erkenntnis eine bitte abschlägt
blusen kauft
schornsteine erkennt und weitermacht
immer weitermacht
bis zum nächsten niedergang
Der Wasserhahn - 9. Nov, 00:07