er muss lebenslänglich damit
leben
gelebt zu haben

er muss keine bilder
an die wand hängen
niemanden gefallen

er muss die augen schliessen
sich wort einfallen lassen
die ihm nicht zustehen

er muss dankbar sein
dass man ihn schreiben lässt
dass man ihn vergessen lässt
dass er nichts zu suchen hat
bei ihnen

bei ihnen sitzen nur die
gewickelten
die geschönten
sie haben sich eingerichtet da

sie legen staubtücher aus und
manchmal lassen sie zu
dass er ihnen ins wort fällt

aber da dieser idiot
eh nicht bescheid weiß
grinsen sie nur
ziehen mit ihren lächerlichen
zeilen durch die landschaft und tun
niemand damit weh

die stille nur
diese einmalige stille
wenn gebete überflüssig werden und
man trotzdem betet

diese einsamkeit der welt

die tränen nur
diese verlorene stille
keine gebete

die blutigen stellen sind
weggewischt
die einschusslöcher
wurden gestopft

nun sind sie vergangen
mit der zeit
nur die schreie nicht
die lauten schreie die kein mensch überhören kann

herr s weiß was krieg bedeutet
er sieht ihn jeden tag
er hängt bei ihm am haken
gleich neben dem schmutzigen waschlappen

wenn es herrn s nicht gut geht
streichelt er den krieg
er möchte gerne mit ihm unterwegs sein
beleidigte suchen
die man verschwinden lassen kann

der krieg ist nicht zu ende
er bevölkert den tod
er schweigt wenn es brennt
wenn er das leben trennt
dass er nicht kennt

im traum sagt herr s
war ich der krieg
ich sprang in die felder und
sprengte vier sechsjährige in
die luft

das war ein spass sagt herr s
ich war der krieg hört er seine ausrede
ich war in vietnam
als einer seine waffe auf meinen kopf hielt
als er schoss war ich
in bosnien und umzingelte ein paar frauen
die es nötig hatten

ich war der krieg in syrien
ich verschwand hinter dem rücken der
faschisten in spanien
ich war in chile gewesen
als man die demokratie stürzte

ich war der krieg
wenn irgendwer stürzte wusste man
es war ein verwandter von mir
es war derselbe wie ich

herr s weiß was krieg ist
er schaut zwischen den geschössen
diese ukrainische nacht an
wie sie langsam verschwindet und der morgen erwacht und
jemand der gestern noch angst hatte
nun keine mehr zu haben braucht

Wohin mit uns
Wir gehen zu den nächten
Leise
Wir treten kaum auf
Wir sind die
Über die
Die eintagsfliegen reden
Morgens
Wenn der tag beginnt und
Sie sich später fragen
Wird’s schnee geben
Werden sie wieder ausrutschen
Wird’s ein debakel sein
Wird’s waffenstillstand geben
Irgendwo
Gibt’s sicher einen
Und das ist schön
Diese stille nach einer vernichtung
Klingt immer
Als hätte man es gar nicht so gemeint

das sind zeiten
erinnere dich
du hast brot gegessen
einfach nur brot

das war lange
vor dem ersten und
lange nach dem zweiten weltkrieg

an einem kinderspielplatz
schenkte dir jemand
ein pfund brot

du dachtest
ich pfeif drauf und
mach lärm
dann kriegt er ärger und
mir ist besser zumute

aber ich nahm das brot
der typ ging und kaufte
sich eine tomate
woher ich das wusste?
ich wusste es nicht

ich blinzelte damals
damals, was für einen klang das hat
man möchte geige spielen
oder eine schraube fangen
mitten im flug
einfach fangen

gestern mit dem boot
ruder an ruder
das wasser trübe
der abstand zwischen den worten

am ufer sitzen und drüber reden
drüber reden wie es wäre
wie es wäre am meer zu sein
niemand sonst

nur du und ich und die anderen
nur der alte zwist
die langen bewegungen
das übliche zögern

wir bündeln sätze
reden und retten uns mit irrungen
wir sitzen im busch und legen
uns demnächst hin

nichts ist erlaubt
nichts verboten
wir sitzen oder liegen
wie geschmiertes personal

wir halten uns an den händen
aber
wir halten uns nicht fest

sie kaufte sich einen
regenschirm
ich fragte sie
aus welcher region
sie komme
das ist keine rassistische frage
sie sagte
ich bin eine russin
sie sagte es ohne hemdskragen
sie sagte es ohne taschenlampe in der hand
ich sagte
aber sie dürfen keinen regenschirm mehr erwerben
warum, fragte sie
weil sie krieg führen
ich führe nichts, sagte sie
doch, sie führen krieg gegen die ukrainer
nein, mein mann ist isländer, er sieht aus als würde
er in asche baden, ich verstehe nicht was ich an ihm finde
vielleicht weil mundharmonika spielt
er spielt mundharmonika, fragte ich
ja
und sie?
ich nicht, ich bin nicht musikalisch, ich bin mal in eine pfütze gefallen, das war schön, ich war noch jung und hatte das gefühl
dass mir so etwas nie wieder passiert
und?
mein mann ist isländer, er schwärmt vom isländischen gesangestum, er schreibt briefe an politische gefangene
er trägt eine blaue uniform wenn er die schreibt
und sie
ich weiß nicht, ich wollte einen regenschirm kaufen

eine neue baustelle beobachtet
es wurde ein loch gebohrt
dann sah jemand hinein
er bestellte was
nun ist die baustelle wieder
entfernt worden
was ich traurig finde
ich bin gerne traurig
wenn ich traurig bin
bin ich froh
ich freu mich so sehr
dass ich so traurig bin
nun hat man die baustelle
wieder entfernt
keine baustelle mehr
ich hatte ein wenig gehofft
die arbeiter würden bier trinken
doch die arbeiter tranken kein bier
sie bohrten dieses loch und das wars
vielleicht nahmen sie proben
suchten nach öl oder gas
der russe darf nichts mehr verdienen
sagen sie
aber bier trinken sie auch nicht mehr
als hätte das eine etwas mit dem anderen zu tun

nachts sind wir
weil es gut war
längs der strasse breit

weil wir sangen liebten
die strassen das motoren
geräusch

lachten zur hälfte
mann
oder
frau

jeweils beidseitig boten sie sich dass
du an
das gut war gut
war zeit
war geduld
war not

die alte rettung klamm
das ziehen der hosen
was geschah wirklich
als maria den josef liebkoste

licht an und
zack

wie viel uhren
wie viel uhren haben sie denn
so
zum verkauf

ihnen zu dienen
mehrere
das stück
zehn mark

was sie kleben
noch mit mark
was ist los mit ihnen
sind sie ausgebürgert

ja ausgebürgert
da geht man sein ganzes
lebenlang so durch die gassen
schreit ein lied
weint über den betrug und dann das

übern hafen
längs der mauer drein
alsbald als praktikant
mit nummern im haar
bunt
bunt und nachhaltig
gereimt wird immer
aber nachts
klingts wie gewimmer
brotlos was zeit war
brotlos was kunst war
brotlos was nichts war

hast du das gedicht gelesen, fragte der alte die junge frau die seine geldbörse
in den händen hielt und bereits auf dem weg zur nächsten frikadelle war
nein, sagte sie.
ihr nein bewirkte, dass er sitzenblieb
er dachte, da gibt es tenöre die sich in pralinenschachteln auflösen und wir sitzen hier und denken uns nichts dabei
sie lachte, denn sie musste daran denken, dass sie als sie ihn sah glaubte, er würde sich in diesem schwanenteich ertränken
sie dachte daran wie traurig er lächelte, als wäre alles was er sich vorgenommen hatte gerade baden gegangen

sie schaute ihn an
vermissen sie nichts, fragte sie und hielt ihm die geldbörse
vors gesicht
nichts, sagte er, nur ihr lächeln..
sie lächelte
der taumel begann
tanzte um sie
selbst als sie längst verschwunden
selbst als er versuchte sich ihr zu nähern
in ihrer abwesenheit
selbst als er aufgab und die lichten gedanken
im schwanenteich ertränken wollte
dachte er
es müsste salzstangen regnen
selbst als er sich vorstellte wie er diesen müden trunkenen gang
nicht mehr loswurde
selbst als sie sah dass sich dieser mann ertränken wollte
so fröhlich sah er aus
selbst als sie neben ihm stand und ihn fragte
selbst da
lachte irgendjemand und biss gleichzeitig in eine zitrone