1
Nov
2021

die steine in zenica

flüstern
sie umarmen
die angst
in ihnen brennt
sie sehen
was nicht
vergessen
werden kann

eine alte frau flüstert
sie flüstert kein gebet
wie sollte sie ein gebet
flüstern

es war weit und breit
nicht die rede
von gebeten
als sie kamen und ihre
tochter und sie holten

die tochter brachten
sie mehrmals am tag um
sie nennen das
normal das im krieg
vergewaltigt wird

die steine erkennen daran
nichts normales
sie erkennen den zug
mit dem die irren durch
die abteile rasen

ihr mut hängt
von ihrer bewaffnung ab
es ist nichts dabei
jemanden zu töten sagen die steine

jemanden zu lieben
sagen sie
das ist die last
mit der wir leben
sagen die steine

sie sehen sie
sie wissen
es vergeht kein tag
an dem es nicht geschieht

jede vergewaltigung ist
krieg gegen die menschheit
jeden tag geschieht es
jeden morgen erwacht die
alte frau und flüstert den steinen
die namen zu

ganz knapp

etwas war oder es geschah
gestern oder
im nächsten augenblick

leiden

er konnte das fenster nicht
öffnen
hätte sie gerne hinein geflüstert
mit dem lautesten flüstern der welt

jemand sagte
es gibt sie noch
die vergessenen nächte
die nächsten worte
das nächste verlassene gemeinsame

etwas war nah
platzte in den spiegel
flüsterte
alle tragen ihre namen davon

was spielt es für eine rolle
ob man vergebens darauf wartet
verlassen zu werden

leiden

jemand hört zu rufen auf
jemand irrt in die gesellschaftlichen mitte
für manche ist es zu oft
andere wieder erfinden phrasen damit
etwas dabei herausgefiltert wird

am morgen
die nacht
am morgen der fallende
der etwas erzählen will

alle tragen namen
sie flüstern sie sich nachts im traum
wenn ihr verlangen mehr als nur phrasen
wünscht

jemand kommt heim
jemand ist heimgekommen
jemand versucht jede nacht heimzukommen

der schlaf der pferde

der schlaf wächst zurück
das pferd nimmt ihn auf
träumt
es würde schlendern über
eine brücke
aus ihren augen kratzt es
den rest von sinnlichkeit
den pferde gerade noch nötig haben

da war viel rauch
doch er reichte nicht
da war viel sterben
aber man zählte nicht

die vielen die zu unrecht
starben
verdarben den schuldigen
den traum

das pferd stand hinter den
träumen
der traum änderte sich

jemand der eben noch vergessen
hatte
wie müde er war
war längst eingeschlafen

wenn er erwacht
wird er im gefängnis erwachen
er wird sich fragen stellen und
vergessen dass die fragen zu nichts taugen

das pferd ähnelt im traum den fragen
es vergräbt sie bevor es erwacht
es vergisst sie
bevor sie begreift

der purzel

purzel erschrak
er hatte ein bild von lenin in
seine arme genommen

das fühlte sich dort
so weich an
wo es nicht
weich sein durfte

er stellte sich lenin
nackt vor
er stellte sich vor
wie marlene ihn in seinen spitzen bart biss

er stellte sich seine augen vor
er fragte sich was kerzenlicht bedeuten kann
in unserem jahrtausend

er fand das jahrtausend fad
ein uhrwerk ist nichts dagegen
alles kam ihm überflüssig vor

lenin fragte ihn
bin ich gezeichnet
er hatte sein kinn angehoben
mit den fingerspitzen
versöhnte sie sich mit seinem mund

dort ist der abgrund lachte sie
das dämmerlicht wurde live übertragen

jeder der kommentieren konnte
kommentierte
einer zog seine elektrischen geräte
zusammen
stapelte sie

so hing alles zusammen

lenin hätte beinah von der liebe
geredet
dick butterman goss sich noch whiskey ein und
als lenin fragte
ob er noch was will
nickte dick und sagte
bist ein kluger mann

alles war so lächerlich
als ginge es um nichts
der verhörer sprach unter
einer decke mit seinem pimmel

seinem pimmel ging es nicht gut
etwas war schief gegangen
die tänzerin saß in der kneipe und fror
sie dachte an das gebiss von herrn jäger

herr jäger war bodenlos
obdachlos
hoffnungslos lag er unter dem sarg
er verschwand nicht
er konnte nicht verschwinden
aber er roch an der zeit

er fragte sich
warum seine soldaten
immer tanzten
wenn er vom ende redete

hätte er vom abgrund geredet
sie hätten nur geredet
aber das ende ließ sie tanzen
ohne dass sie sich bewegten

wie fern alles dort lag
ganz nah beinander
wie nackt lenin war
so nackt konnte nur lenin sein, sagte der volksmund

hinter den treppenstufen standen ein paar gerissene giraffen
den zoo hatten sie hinter sich
sie versteckten sich nicht
sie versteckten ihre bildung

ika schwamm in der sonne
ihre nackheit gehörte nur ihr
sie floh wenn jemand begriff
dass es schlechte gitarrensolis gab
sie lag in den armen einer nacht
die umarmte ihn
so oft sie nur konnte
logo

Der Trog des Tages

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Krieg und Frieden
nun schreiben sie wieder über krieg und frieden und wie...
Der Wasserhahn - 5. Jul, 01:30
da geht er
da geht er mit seiner einsamkeit geht und schnappt...
Der Wasserhahn - 5. Jul, 01:27
das war es
als ich aus dem krankenhaus rauskam dachte ich mir...
Der Wasserhahn - 30. Jun, 19:13
Der deutsche Lyrikschimmel
meine güte sind wir gut wir sind so gut warum sind...
Der Wasserhahn - 28. Jun, 21:32
der traum
da war diese ungemeine dunkelheit die vom nebel verschwiegen...
Der Wasserhahn - 28. Jun, 00:32

Links

Zufallsbild

Suche

 

Status

Online seit 4717 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Jul, 01:30

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren