5
Dez
2021

Erfahrungen

sprach mit susanne über meinen ersten roman
es drehte sich um heinrich
der aussah wie sich heine
damals ein kaninchen vorstellte
wie es in den süden blickte
mit der nase nach vorne

es drehte sich um einen sehr beliebten kerl
ein kerl der sich immer vorstellte wie es wäre
wenn er vater wäre
vater von einem kind

oft ging er so spazieren und bemühte sich
wie ein vater zu gehen
er trank in der kneipe nie das letzte bier aus
denn er musste nach hause
der kleine jose wird heute fünfzig sagte er lachend

er kniff die lippen zusammen
versuchte mit den augen zu strahlen
er machte aus jose einen schriftsteller
einer der ihn ganz vergessen hat
nur weil er jünger war als er

Elke erzählt

im lokal sitzen wir weit auseinander
wir haben ein date
graue hosen
stehen ihm gut
er soll bleiben wo er ist
dabei könnte es so schmutzig sein
die frau die uns die getränke bringt
flüstert mir
sie habe einen halbbruder
bei dem es immer nur um das eine geht
ich denke
was ist die hälfte meiner nächte wert
wenn ich nicht die letzte bin die das licht löscht
ich möchte hinabsehen
begreifen was stadt und was ratlosigkeit ist
ich möchte sie bitten
ihren halbbruder zu fragen
wo man begraben werden könnte
ohne gleich zu sterben
ich möchte beginnen
bestelle drei drinks aufeinmal
ich merke dass er mir zuprosten will
aber er zieht seine blöde maske nicht ab
ich durchschneide seine netze
gelobe keine besserung
ich schliesse die türe und öffne die nächste
frage sie
wo ihr halbbruder sein leben beginnt
sie sagt
es beginnt immer hier
hier wo du stehst

geöffnet

er wollte den kühlschrank öffnen
er öffnete den kühlschrank

er wollte den RUM rausholen
er holte den RUM

er wollte den RUM aufstellen auf den tisch
er stellte den tisch auf den rum

der tisch wackelte
er sah es aus weiter entfernung

Nach einem Gedicht von Ernst Jandl

westbahnhof
der bub
er weiß nix
er zieht sich an den ohren
er babbelt grün
erbsenklein sein schlund
erbsenfein sein mund
der himmel groß
stadtbluesindianer
er stammelt frieden
waffen in der hand
durchgeblasener tag
morgen die rettung
westbahnhof
rumflaschen tanzen durch
erregende gebiete
flammen ins meer
bis zum nächsten
hab ich nicht gesehen
ist es nicht mehr weit
westbahnof
der bub kratzt sich an den kopf
er ist ganz auf linie
früher ein bild gemalt
petra und heike am megaphon
kämpfend wie drei
starke worte gegen atomkraft
heuer steht er da
mit windigen haar und dunkler hose
eine strophe noch und er ist
passé

Elke erzählt

ein lebender leichnam ging neben mir her
ich konnte sein herz klopfen hören
es verschwand nicht im regen
auch im eisregen nicht
ich denke oft daran, sagte er
seine worte klangen alt
seine augen fromm
er hatte sicher lust eine zu rauchen
also fragte ich ihn
was meinst du
damals
als uns alle retten wollten
vor uns
ich verstand nicht was er meinte
ich verstand nicht warum ich mir das anhörte
hatte er kummer
musste ich ihn trösten
es war sein vom schweigen beredeter mund
den ich kannte
den ich benannte wenn von ihm die rede war
damals in der mitte des tages
an einer vielbefahrenen strasse
hatte er gesehen
wie sie schossen und blut
aus den menschen kamen
die eben noch so sicher waren
dass sie davonkommen würden
was war nur los, fragte ich ihn
frag die nacht
frag die
die es vergessen haben
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