ich dachte oft an die jahre zurück an
die ich so selten dachte
ich musste lachen
weil ich manchmal hin und herging ohne zu erkennen warum
für mich konnte alles neu sein
vorallem das alte
das alte war immer jung sagten die
die nie etwas sagten und auch das sagten sie nicht
nein sie sagten nie etwas
obwohl sie sprechen konnten
sie konnten sehr deutlich sprechen und manchmal
wenn sie nicht zu müde waren hörten sie überhaupt nicht
mehr auf damit
als jugendlicher war ich oft unterwegs
manchmal ging ich den rauchern hinterher
bis mein unkontrollierbarer blick
zu der abwesenden leuchtete
sie ging wie ein engel
das war mal ein satz, aber ich konnte nichts gegen ihn tun..
sie sammelte unterschriften für irgendeine dumme sache
die unbedingt weg musste oder wenigstens dass man sie
abschaltete
ganz lautlos ging sie
ihre haare zitterten
in ihren augen sah ich borges
borges war ein dichter
er hatte mal einen job in der staatsbibliothek
er arbeitete mit einem zusammen der genauso blind war wie er und
obwohl die blind waren konnten sie alle bücher zusammenfassen und
darüber sprechen
borges schrieb verse
gedichte
er schrieb sie mitten in die stillsten orte
wenn er schwieg
schwiegen alle verse
alle schritte
niemand gähnte
alles blieb spurlos auf seinem platz
sie setzte sich in ein cafe
ich saß dort auch
borges war hier, sagte sie zu mir
es hatte in argentinien geregnet und er
hatte sich nach gießen geschrieben
er saß in diesem cafe und schrieb etwas
dann nahm er das geschriebene und warf es in die luft
es war aufregend in die luft zu schauen und zu wissen dass dort ein vers war
und was war mit dem regenschirm, fragte ich
Der Wasserhahn - 6. Okt, 19:41
er wohnte dreissig stockwerke unter mir
er war alt
er sagte oft
ich hätte studieren können
ich hätte es weitgebracht
aber ich hab die schule angesteckt
das war ein fehler
er sagte
ich war ein grober junge, der keine ahnung von zärtlichkeit hatte
er trug eine dienstmütze
er gähnte
manchmal sagte er, ich komme gerade vom dienst
ich ließ die türe manchmal offen
nachdem ich von ihm gegangen bin
ich stellte mir vor
wie zwei typen ihn fertig machten
später bereute ich diesen gedanken und
ich ging wieder zu ihm
ich fragte ihn
warum er die schule angesteckt habe
er sagte
ich war verliebt in die franzi
die franzi schwärmte für die anarchisten
sie ging jeden tag in die besetzten häuser
sie blieb bis mitternacht da
manchmal
wenn es regnete
blieb sie drei tage hintereinander dort
ich mag die, sagte sie
und mich fragte ich mich, mag sie mich
auch?
und dann hast du die schule angesteckt
ja, sagte er, ja ich weiß ich hätte
es nicht tun sollen
aber ich wartete bis alle weg waren und
als alle weg waren
ging ich auch
ich habe sie nicht angesteckt
ich habe gelogen
die türe blieben offen
ich stellte mir zwei zornige hsvfans vor
die gedanklich in der ersten liga spielten
die mit kalten wasser badeten und bemerkten
dass bei ihrem nachbar noch licht war
darf man rein, fragten die und er nickte
sie ist weg, sagte er.
na ja ich stellte mir das vor
ich stellte mir alles nur vor
auch dass er mich in einem sehr
engen raum fragt
ob wir tanzen können und dann tanzen wir
er wie ein abwesender und ich wie eine
die morgen erst geboren wird
Der Wasserhahn - 6. Okt, 19:16
geh mit dem alten sehnen zum fluss
tauch die worte die du vermissen möchtest ein
du liegst hinter der ecke
wie vergessen
liegst du da
sie reden über dich
sie wollen nicht wissen
wer du bist
du gehst durch die feinsilbrigen wege
du hörst deine schritte
du weißt nicht
ist das ein traum oder nur etwas
dass du nicht zu träumen wagst
du öffnest die hände wie einen briefumschlag
wenn du über gedichte redest
redest du so
als wärst du das gedicht
erinnerst dich
aus was es gemacht ist
erinner dich an den traum
an das schweigen der toten dichter
eine zeile von octavio paz
als wäre die wirklichkeit nur ein traum
es beginnt immer mit der erinnerung
egal ob du schweigst oder davonrennst
Der Wasserhahn - 6. Okt, 02:19
ich weiß noch was mit ina war
ina war da
sie war einem nah wenn ina
ina war
nina legte ihre augen in inas gesicht
nina hatte viele augen
sie brannte darauf sie herzugeben
die sonderbaren sagten
ina sei sonderbar
sie sahen nina an
sie sahen nina an und
begannen zu träumen
sie versuchten den traum zu verstehen
was für ein fehler
sie rannten herum
suchten richtungen die nur existierten
wenn man wirklich dran glaubte
sie glaubten nicht dran
deshalb kamen sie nicht an
nur ina
mit ninas augen
die uns ihr gesicht schenkte
für einen moment
für eine moment war alles
wie immer
wir brannten darauf zu vergessen
so wie man drahtzäune vergisst
oder zeiten die man hinter sich gelassen hat
aber da war nichts zu machen
wir sahen ina und dachten
wir lachen in ihre augen
die bestimmen
in welche wir unsere tränen legen
Der Wasserhahn - 6. Okt, 01:17
der mann kommt um fünf nach hause
da hab ich die trockenen veganwürstle
schon in den schierlingsbecher gelegt
vorher kriegt er seinen rum
dann je nachdem will er
mich sehen
festgenagelt ist er nicht drauf
manchmal ist er auch zu müde
er liest dann noch etwas borges und
träumt
er träumt meist dass er ein fisch ist und
ganz blödsinnig lachen muss
er ist ein alter fisch der vergessen hat dass er ein fisch ist
wenn er erwacht liegt er neben mir
wir schenken uns nichts
wir sind himmelskörper
an unserer gemeinsamen haut klebt der wahnsinn
wir tragen hüte ohne dass wir es bemerken
wenn wir fertig sind
aber wir sind ja nie fertig
wie sollen wir fertig sein
wenn wir doch immer gleich vergessen
Der Wasserhahn - 5. Okt, 17:46
schon bemerkt
wir sind häuslich geworden
die lottotränen sind noch sichtbar
aber wir lassen gras drüber wachsen
klar
wir gähnen
weil wir uns selber drüber ärgern dass es nicht geklappt hat
reichtum scheint nicht unsere sache zu sein
dafür kleben wir blaue buchstaben an die wände
singen das europalied und lachen
lachen
wie damals bei dem scherbenkonzert in berlin
weißt du noch
wir wollten umsonst rein und machten den jungs
schlechtes gewissen
hinterher zahlten sie drauf und fingen an zu kotzen
scheisse waren wir damals oder
was denkst du
nun haben wir einen haken dran gemacht
wir holen uns nicht mehr was wir brauchen
wir brauchen nichts mehr
unsere konstanze ist die sehnsucht
unsere augen fallen über alles hinweg
und wir
wir haben immer noch unsere lippen die sagen
wir waren dabei
Der Wasserhahn - 5. Okt, 12:13
am baum sitzen
schweigen können
den tieren lauschen
die pläne schmieden
selber welche schmieden
luft holen
träumen dass es anders wäre
dass die tränen anders flössen
das jemand käme und sagt
wir machen alles noch einmal
jede betrachtung
jedes staubkorn
jedes geöffnete fenster
jedes geschlossene gespräch
Der Wasserhahn - 5. Okt, 12:07
seit ein paar stunden überlegte ich mir
ein anderes leben wäre eine sache
die ich gut finden könnte
ich sagte mir
die eigentliche anarchie ist das bürgerliche
ist das gutbürgerliche
ich versuchte mir meine erinnerung nach hause zu holen
ich versuchte zu jonglieren
probierte es mit atempausen
ich fuhr nach staufenberg
in der nähe mochte kurzeck spazieren gehen
immerzu ging er dort spazieren und erklärte
den toten die welt die seine war
die immer zu ihm gehören würde
ob er nun tot war oder nicht
ich erinnerte mich an einen schüchternen
er war wie ich zu einem lehrgang
er roch nach frischer schuhcreme
sein black sabbath t-shirt passte gar nicht zu seinem image
er merkte wahrscheinlich nicht dass er ein image hatte
aber er hatte eines
er betrachtete die welt mit den augen eines irrläufers
er würde sicher in der psychatrie landen
er würde den kaffee für die kranken und die gesunden kochen
der kaffee vereinigte sie
machte alle unterschiede zunichte
aber was war das für eine geschichte
das war eine ganz andere geschichte
ich fragte ihn zum abschied
adressenaustausch?
ich hatte vorher nicht mit ihm geredet
es kam mir einfach bequemer vor nicht mit ihm zu reden
ich hatte diese bluse an
sie war aufgeknöpft
ich wusste warum
ich wollte sehen wie er reagierte
ob er reagierte oder ob er nur dachte
was ist es nur
dass unsere augen sich ständig entblättern wollen
einverstanden sagte das black sabbath tshirt und er
er murmelte so etwas ähnliches
nie hatte er geschrieben
er dachte sicher an die bluse
an die brüste
die ihn ansahen dass seine brille beschlug
es war nur ein kurzer moment
den vergaß ich wieder, dachte ich
aber ich vergaß ihn nicht
denn nun wollte ich ein bürgerliches leben führen
eines das überlegt wie man die ranzige butter einsparen kann
eins dass überlegt was man am wochenende machen könnte
ich fand heraus wo er wohnte
er wohnte unter dem ring
dort wohnten alle die nicht über dem ring wohnten
ich wohnte, wenn ich wohnte irgendwo dazwischen
ich fragte mich was er so machte
ob er die toiletten säubert für ein bißchen geld
ob er es schafft herauszufinden aus was das leben gemacht ist
ich sah ihn vor der türe stehen
ich hatte geklingelt
ich fragte ihn
erinnerst du dich noch
er sah mich an, als hätte ich ihn gefragt wo die fundgrube sei und
er könnte es einfach nicht sagen
ich erklärte es ihm
ich sah es ihn an
er erinnerte sich an die offene bluse
an die geräusche die meine brüste machten als sie von ihm angesehen wurden
oder er erinnerte sich nicht
hatte es aufgegeben sich zu erinnern
willst du suppe mitessen fragte er
ich hob meine mütze und hatte große lust
sie in die luft zu werfen
ich würde suppe bekommen, dachte ich
das ist viel mehr als irgendeine heirat
Der Wasserhahn - 4. Okt, 23:26
wenn ich ein schiff fahre
wenn ich mit dem schiff reise
ich bin in jedem fall ein matrose
ob ich die augen schliesse
ob ich sie öffne
ich bin in jedem fall ein schleusenöffner
schreib ich ein gedicht
sind wir es
die dem gedicht den rechten weg weisen
das gedicht geht hinaus
so weit
bis wir es endlich erkennen und vergessen
Der Wasserhahn - 4. Okt, 21:32
die welt ist anders
kein spiegel kann es sehen
kein spiegel sagt
ich weiß es nicht
der spiegel weiß es
er sieht es aber nicht
komm du verschlafenes nest
wecken wir die zeit
die zeit ist kreidebleich
die zeit kommt von überall her
da vergeht der morgen
der morgen danach
der könig schlief aus den
händen der königin
einen traum
ein vogel sucht ein nest darin
die jäger fangen an zu klagen
sie verdecken den himmel
sie zerschneiden den trend
den trend zu vergessenen orten
wir sehen ihn
wir haben in ihm übernachtet
wir sind vögel
wir wissen was ein vogel ist
ein vogel ist einer der mitsingt
wenn andere verstummen
dann dies
eine tochter
eine nicht besonders schöne tochter
sie ist die schönste
jeder kann es sehen
jeder vergeht wenn er sieht was sie sieht wenn sie in den spiegel sieht
wer ist die schönste fragt schneewittchen den vogel
fragt sie das letzte hemd
wir kennen dich, rufen die sprachlos
du hast einen sitzen, der wartet schon länger als hundert jahr
oh denkt sie, er kommt gerade recht zur unzeit
zur unzeit kommen alle recht
was ist mein prinz, was willst du
dich, sagte er, als wäre sie ein warenkorb oder etwas in der art
sie hält eine vase fest
sie schaut aus dem fenster
sieh nur, sagt sie lächelnd, da kommt ein großer schwarzer fogel
fogel, sagt der prinz, es heisst nicht fogel, es heisst vogel, du
bist so schön, sagt er
i written a song for you
please, bat sie, bittet sie, ruft sie, lass mich denken, lass mich
denken du seist der fogel, der geschmeidige luftkissenfogel, ein fogel zu groß um ihn ernsthaft mit v zu schreiben..
das alles geschieht
geschah
wird irgendwann geschehen
sieben augen betrachten es aus der ferne
ein paar schreie lächeln sich dazu
eine vermischung der worte
irgendwo hängt ein spiegel
davon wird nie wieder die rede sein
Der Wasserhahn - 4. Okt, 12:55
(für Ilse Aichinger)
die raben sitzen glücklich im gedicht
sie wissen nichts von dem fenster
aus denen womöglich ICH schaue
ich bin niemand sagt eine stimme
die vergessen werden will
das offene fenster schreit
es schreit
das ist symbolisch
das endet dort wo das schweigen beginnt
sie fällt über unsere sprache ohne zu stolpern
sie gibt der sprache ein geschenk
jemand geht barfuss durch das brennen
jemand stürzt ab ohne zu fallen
ich bin niemand sagt eine stimme
ich bin eine klage
ich vergesse sie oft
ich vergesse sie wie man kleidungsstücke vergisst
wie man sich an alles erinnert an dass man sich nicht mehr erinnern kann
deine zeile liebkost einen schatten und bleibt
eine kleine ewigkeit
das springen vergessen
die nacht umflogen
du wirst geboren um deinem schatten
zu sagen
dass er nicht bleiben kann
wörter sind spuren
spuren können vergessen machen
können schritte produzieren
irgendwo dort eine verlorene einsamkeit
ein fenster das offen stand
eben noch
jemand hat es verschlossen
ohne dich
Der Wasserhahn - 4. Okt, 00:41
wir
hatten
geglaubt
es
hatte
aufgehört
die alten
anfänge
die neuen
abschiede
komisch
wir machten weiter
machten weiter
wie bisher
wir dachten
alles hätte
sich
umgekehrt
ein trotziger satz im universum
er wärmt sich an den hellsten stellen
was er bekommt
reicht nur
für einen augenblick
was sie sucht
ist immer ewigkeit
deshalb kommt sie nicht vor
deshalb streicht man sie
impft ihr ein
was sie zu denken hat
der augenblick losgelöst
von innerer schönheit
ist immer da
wenn sie betrachtet
Der Wasserhahn - 3. Okt, 10:42
meine großmutter sitzt vor mir
sie hat was gehäkeltes in den dünnen fingern
sie schweigt
ich schaue sie an
wie ein lichtschmerz so leicht gleitet mein blick an ihr ab
sie gähnt
bist du müde frage ich
sie antwortet nicht
sie sucht etwas
das kann ich sehen
ich frage sie
was hast du
warum kommst du mich besuchen und sagst kein wort
es ist draußen sagt sie
was ist draußen
die müdigkeit, sagt sie
man muss sie wecken, meint sie
aber es wird nicht gelingen
es ist ein dunkler schatten dort wo eben noch helligkeit war
jede lebendigkeit wird begraben und nur die müden bleiben übrig
sie fordern die nächsten auf
still zu bleiben
und die nächsten bleiben still
ich frage, großmutter, was hat das alles mit dir zu tun.
sie lächelt, das ist es ja, sagt sie, es sollte mich nicht kümmern und vielleicht kümmert es mich auch nicht...
ich bin ratlos
träge
ich falle in dein lachen
deine augen tragen mich in die nähe meiner unruhe
ich weiß nicht was ich sagen soll, sagt sie.
aber du sagst doch gar nichts, flüstere ich
alles was du sagst, ist nur nebel
dunkler nebel der vergisst dass er vergessen wird von jeder erinnerung
von jener farblosen erinnerung die so tut als wäre sie die einzige die noch lebendig ist
Der Wasserhahn - 2. Okt, 03:32
niemand hält das aus
alle sitzen da und warten
die einstiche beklagen die stille
die vorologen fordern die anwesenheit
als könnten sie das
als wären sie mächtig
ich bin niemand, sagte ich zu u,
u kam gerade aus der u-haft
ich fragte ihn warum u
warum
er sagte
wegen dem u und du sagte er
bist du geimpft
klar sagte ich, alle fiktiven gestalten
sind geimpft
anna karenina wollte zuerst nicht
sie wollte zum bahnhof
der meister und margaritha konnten
sie überzeugen
sie rieben sie mit einer salbe ein und
schon war die lebensmüde verschwunden und
konnte geimpft werden
was ist es nur, fragte ich isolde
dass man immer glaubt
ich glaube nicht sagte sie
sie rief ihren tristan und sie
ritten nach hause
wo war ihr zuhause?
na wo
immer im nächsten grab lagen sie und
verdarben dem tod die gute laune
Der Wasserhahn - 1. Okt, 20:51
die hände ausgeborgt
bis zum mittag beruhigt
allsamt beruhigt bis dahin
die hände reichlich bedeckt
mit scham und not und kreide
die man aufhob
damit das leben weiter geht
und reichlich von dem
bekommen
was anderen genommen
wird
die herumirren zum bodenpersonal
gehören
kobalt finden für unser suchen
nach einer idee
die ihnen so gut tuen könnte
was nötig ist verlangt
keiner mehr
aufgegeben rufen die kinder
und rufen es nochmal und keiner
ruft zurück
alle suchen sie nur ihr bestes und
halten es fest und kreisen um sich und
ihrer welt
die davon abhängt
dass sie es noch lange für uns tun
die vergänglichen nächte
die zeit
die uns beruhigt und die uns nichts verzeiht
Der Wasserhahn - 1. Okt, 08:30
es wird zeit, dachte es in ihm oder
in ihr
sie sahen zeitgleich auf
die stehengebliebne uhr der alten fabrik
sie hielten sich zurück
so wie durstige sich zurückhalten
wenn sie den ersten tropfen begegnen
so viel himmel war da und die jahre
die jahre blickten zornig auf den nächsten ruin
es war wie ein leben in einem versandkatalog
du wusstest nicht wie geht es weiter
du fürchtest immer es blickt eine/r zurück
wir planen zu viel dachte er, während sie im
orchestergraben lag und seinen namen zwischen
den orten fand
die man nur im regen besuchte
damit man die höflichkeit einer türe erkennen konnte
das schüchterne winken eines trockentuches
die abwesenheit der züge kommt ins rollen
das schwere
die nacht in der die vögel vom schlaf träumen
so viel abwesenheiten an den runden tischen
wo sie beschlossen die fabrik zu schliessen und
die leute in stich zu lassen
ja die leute im stich lassen, darin waren sie gut
das haben sie schon immer gekonnt
dazu brauchten sie nicht einmal hilfe
jemand brannte den hof in verschneite schritte
jemand stotterte
es ist das leben das bleibt
das uns zurücklässt
uns weismacht
etwas hört auf
damit etwas neues beginnt
Der Wasserhahn - 1. Okt, 01:32
es war nicht mehr
der jüngste tag
die jugend turnte herum
sie wollte wählen
am besten jeden tag
die jungen waren wie die alten
verzweifelt weil es
nicht voran ging
sie erwarteten von den politikern
was an sich schon seltsam war
ich fragte doc ob er das verstehe
ob er die jugend verstehe
ich suche den kleinen schraubenzieher, hallte es aus ihm heraus,
gestern lag er noch neben den bausteinen
heute wo die bausteine verschwunden sind
ist auch der schraubenzieher verschwunden
der kleine fragte ich
der kleine sagte er
was macht frida
sie heisst nicht frida, sagte er
du solltest aufhören sie frida zu nennen
aber sie malt bilder nach von der kahlo
sie sagt
damit könnte sie die erderwärmung verhindern
das ist spass sagt er
damit will sie ablenken dass sie mit
dem nachbarn schläft
aber ich bin ihr nachbar
eben, sagt er
sag mal, fragt er
hast du den schraubenzieher gesehen
nein, sage ich....
Der Wasserhahn - 30. Sep, 11:19
du bist bei dir
weil du bei dir bist
du existiert durch
die nase
der anderen
das mag nicht richtig sein
das klingt nicht mal lyrisch
aber wenn ich es oft genug überdenke
aber ich überdenke es nicht
ich lege los
morgen ist der wind der einzige grund
zu bleiben
der rest ist frühstück
slivovitz und der gedanke
daran
dass auch die tiefkühlhäuser frieren
wenn es eng wird
am morgen erkennt er sich im spiegel nicht immer
manchmal betrachtet er einen fremden
er möchte hinter dem fremden stehen
ihn fragen
was er will
er kann die sterne im leitungswasser erkennen
wie müde er wird
jetzt in diesem moment
wenn sie aufwacht und ihn fragt
warum die türe offen steht
Der Wasserhahn - 30. Sep, 06:10
das ist nicht meine mutter, sagte gretel
sagte gretel zu hänsel der nicht
schlafen konnte
der nicht schlafen wollte
der immer diese stimme hörte
immer hörte er
das ist nicht meine mutter
das ist eine andere
eine frau mit einem halbmund
wenn sie grüßt klingt es
als habe sie suppe zerbrochen
hast du schon einmal suppe zerbrochen fragte
sie ihn schroff
gerade so als wäre sie mit seiner leistung
niemals so zufrieden wie in diesem moment
mutter und vater, sie redeten
sie redeten oft
wenn sie redeten war es mit dem hunger nicht
so schlimm
wenn sie redeten wuchs ihr reden zu einem berg zwiebeln
sie schälten die tränenzwiebeln und
lösten sich auf
erst am nächsten tag wetzten sie die verkauften messer
kniffen sich in die zunge
der wald sagte die mutter
die mutter von irgendwem sagte frierend der wald
der wald ist der freund der kinder
der wind taumelt dort und überprüft das gesagte
dort soll es witze geben über die man in die gräben fällt
sitzt man in den gräben ist man gesichert
ja
man ist befreit und kann das leben neu definieren
sie gingen spazieren
der vater
die mutter
die frau von nebenan
ihr mann
ein kranker wirt der in seinem kopf ein lockdown nach dem anderen durchführt
es ist ein entsetzen in seiner wirtsschale
ganz nüchtern möchte man werden
hänsel und gretel gehen
sie gehen weit von allen weg
sie suchen etwas womit die anderen nicht rechnen
sie suchen einen ort der sie nicht beraubt
sie fühlen mit dem nachtvogel der sich einredet er belüge seinen schatten
von weitem sehen sie eine alte hutschachtel
dort rufen sie
dort ist unser zuhause und wenn sie nicht gestorben sind..
aber wo gibt es so was
dass jemand nicht stirbt nur weil es plötzlich ganz still um einen wird
Der Wasserhahn - 29. Sep, 01:09