früher als es noch nackte und angezogene gab
als die empfindungen noch groß waren
als die wörter zerplatzten wenn sich die angezogenen zu
den nackten hingezogen fühlten
früher als es noch umarmungen gab und man liebte und
trotzdem war klar dass man gegen diesen mist war
der uns nun trennt
hier die nackten
dort die angezogenen
beide zeigen mit den finger auf den anderen und meinen doch eigentlich sich
Der Wasserhahn - 28. Sep, 22:01
ich bitte um eine erklärung
so schön war es
wir spazierten
arm in arm
in unserem schweigen
aßen brot
lachten
hörten zu
wir waren narren
wir hatten vergessen es zu erwähnen
Der Wasserhahn - 28. Sep, 20:53
ein traum
ich war ganz oben
bei ihm
er hatte gänsefüßchen im gesicht
er war kein land
er war ein gänsefüßchen
ein migrant wie er in den richtig guten büchern steht
war er nicht
er war schroff zu sich
immerzu rief er
gib zu dass du kein engel bist
er meinte sich selber
und doch sagte er
es ist keine qual zu sein
so wie ich bin
warum ich ihn erwähne?
ich weiß nicht
er war ganz und gar und
dass mit haut und haaren
er legte heimlich platten auf
so heimlich dass er die augen schloss und
seine gehirnzellen sich schlossen
damit sie keinen hineinlassen
nur diesen einen song
Der Wasserhahn - 28. Sep, 14:05
die spitzen zungen warten noch
die burschen mit einem M in ihren namen
gähnen
in den gängen sitzen die pistolen fest
(jemand der das ständig tut
ruft sie leise
ruft ihre ähnlichkeit
ruft ihr erwachen)
er weiß nicht
soll er warten
die wand anstarren
die burschen mit einem M auf dem mund
tragen ihre lippen
(sie werden nicht müde
nur wenn mami so ruft
wachen sie kurz auf)
ein ja ist nie ein nein
ein nein schaut in die richtung des stürzenden
du brichst dir die sprache
du begegnest deinem abgrund
das meer wollen die burschen mit dem M in ihren gesichtern zeichnen
sie suchen eine farbe die ihnen aus den händen fällt und rennen davon
Der Wasserhahn - 27. Sep, 21:39
der durst kehrt die strasse
nach langer abwesenheit kommt er zurück
er klopft an die türe
peter öffnet
er sieht peter an
peter sein bester freund
und petra fragt er
nicht peter fragt das sondern er
er der nach langer abwesenheit zurückkam
petra liegt im bett sagt peter
oh sagt er, sie ist krank
nein, sagt peter
er wird unruhig
jetzt eine flasche strohrum
im supermarkt liegt er rum
aber er hatte das geld nicht und stehlen
fand er zu kindisch
zumal er nach langer abwesenheit vor der tür steht
petra wohnt da
aber sie ist krank
sie liegt im bett
peter versucht ihn zu beruhigen
er fragt
darf ich eintreten
nein, sagt peter
nein, du darfst nicht eintreten
verstehe denkt er
eine ansteckende krankheit
gut, denkt er.
gut, dann geh ich weg
dann gehe ich für immer weg
aber morgen komm ich wieder
morgen hab ich den strohrum
dann bin ich wieder da und
gehe zu ihr und frage sie
wer dieser typ ist der vor ihr steht
Der Wasserhahn - 27. Sep, 20:50
mutter sagte
du darfst nicht
mit dem brennholz spielen
darfst ihm keine namen schenken
du darfst die worte nach ihre sinnhaftigkeit erkennen
du darfst sagen
ja und?
du darfst den soldaten mimen
den braven soldaten
der es sicher nicht böse meint
wenn er erschiesst
befehle sind das auge mit der die welt sieht
der rest ist nur aberglaube oder etwas
was man sich wünscht
du hälst den eisenlöffel mit der gebogenen spitze in der hand
du wirst ihm zum mund führen
du wirst dir einbilden
das alles zu etwas gut ist
der hunger und der vergessene trost
die angst und die schiebetüre aus der man flieht
wenn man eigentlich hinein will
Der Wasserhahn - 26. Sep, 22:53
er kam aus dem alten gefängnis
die alten rostigen stellen bluteten in ihm
er fand ein opernglas auf dem boden
hob es auf
roch an ihm
es roch nach alten fürstengerüchen
es roch nach theater
er stellte sich die nackte schulter von karla vor
er zerlegte das gedächtnis
er fand darin eine grobe unruhe
er ging in ein theater
dort stand doro auf der bühne
sie sang
judith
sang sie
judith
du siehst herab auf den kopf
des holofernes
brüder im arm
die alten vergessenen sitzen im publikum
sie applaudieren solange bis sie müde sind
und einschlafen
er war ganz unten
nun war er Frei
er sah zu doro
er rief ihren namen in
das opernglas
er ging wieder hinaus
draußen die strasse
wie fremd die ihm war
wie bekannt ihm all das fremde war
jeder mensch, so kam es ihn vor
schien ein gesicht zu haben
seltsam fand er das
seltsam
er glaubte an die bewegung der ratlosen
an die vergesslichkeit der ruhelosen
er fegte einen witz von der strasse
er lachte kurz
dann warf er das opernglas in die luft und ließ es fallen
Der Wasserhahn - 26. Sep, 18:35
komm ruft julia
sie könnte es laut rufen
auf irgendeinem traum sitzend
die wolken hinter ihr leben und
das sterben
das sterben ist so weit
was ist fragt romeo
seine augen trotzen seinen händen
seine hände wollen überallhin wo
julia sein kann und julia
kann überall sein
wir sind gefangen in unseren räumen
sagt sie
komm schon
unser rausch gehört der angst
wenn wir sie vergessen
vergessen wir uns
warum klingen ihre worte immer so
als hätte sie zugehört als mark knopfler
zum ersten mal beschloss gitarren zu verzaubern
wir wissen nichts, sagt er
er haucht es beinah
sie mag es wenn er haucht
wenn er haucht, denkt sie
brauche ich nicht mehr zu hauchen
sie verlieren nichts
denn sie haben bereits verloren
ist das ein verlust?
solange sie doch
nebeneinander liegen und wenn es
nur dieses lied ist dass sie hoch und runter spielen und nicht aufhören die lebenden damit zu trösten
dass man nur die augen schliessen muss und dann ist alles wieder nah
Der Wasserhahn - 26. Sep, 14:43
geborgenheit, heisst das neuste gedicht
es ist da
es ist in meinem kopf
es wartet nicht mehr
es hat keine geduld
es will los
es will abfahren
wann kommt der wirt und fragt
was wir trinken
was macht er für ein gesicht
wenn wir sagen
wir sind wunschlos unglücklich
das ist geborgenheit
ein satz sagen und danach
die stille
die stille wie nach der eigenen geburt
Der Wasserhahn - 24. Sep, 10:19
wir wohnen in einem möblierten zimmer
es riecht nach zitronen
es riecht nach innerer unruhe
es riecht nach diesem dichten vorhang
der uns die lebenlust nimmt
wir gehen wie zerbrechliche durch die stadt
uns ist zum kotzen zumute
wir heiraten, wir versprechen uns
wir sagen all die antworten auf
von denen wir nichts halten
wahrscheinlich kommen wir zu spät
wir späten trauergäste
wir versammeln uns
wir gähnen
wir sind die idioten die nichts zerbrechen wollen
und daran zerbrechen
wir wohnen in einem möblierten zimmer
manchmal schreien ein paar frauen das glück hinaus
aber ob es wirklich das glück ist
wir wissen es nicht
wir stellen uns alles vor
belügen unser gedächtnis
wir sammeln augen für die zerstörten
wir suchen uns und finden uns nicht mehr
Der Wasserhahn - 23. Sep, 20:02
der bin ich
und doch
bin ich immer noch
geliebet
ich sitz vor
der schranke
und warte
da kommt
franny und
fragt mich
wie spät
ich sage
mir klingen immer
deine worte
aus dem ohr
sie sagt
ich rede unverständlich
ich sollte klar und deutlich
reden
wie ein denkmal dass genau weiß um was es geht
ich verstehe
ich verstehe
ich sage sie an
ich spreche
moment
die anlaufspur hält nichts
von dem versprechen
dass ich gab
alles fängt an
ein neuer roman
ein neues gesetz
franny geht weiter
ich auch
aber ich bleibe sitzen
an irgendeiner schranke
in irgendeinem berlin
Der Wasserhahn - 23. Sep, 07:39
ich war auf dem amt
ich wollte frau b sprechen
ich schenkte ihr eine rose
eine rose
eine rose
ich trank mit ihr
bis vier
bier
wir redeten von der herzegovina
vom bosnischen tal
von sarajevo (als wärs ein traum)
ich träumte auch und
als ich erwachte
ging ich zum amt
ist frau b da fragte ich
wer, fragten die zurück
die luft lag in der luft
ich pumpte mir etwas geld
ich schielte
es war so gut zu schielen
soldaten rückten aus
jemand floh aus meinem gesicht
als ich erwachte
erwachte nicht nur ich
sondern auch die zäune
die hinter frau b und mir lagen
Der Wasserhahn - 22. Sep, 12:04
nun schreibet er ein gedicht
das niemand nicht liest
niemand liest das gedicht
würde es jemand lesen
es würde der mensch
die frau
der mann
der torschützenkönig und
die germanistik
sich sagen
es ist recht sagen sie
auch die alten kommunisten
die einfach nicht glauben können
das ihr blick
jetzt wo er dahin treibt
nichts mehr zu tun hat
mit dir
mit ihr und mit ihm
dabei dachte sie oft
die alte lisa
jetzt wo windmühlen sich alles zurechtlegen
jetzt wo wir endlich erkennen wie blind wir sind
gehen wir auf die strasse und geben damit auf
unsere niederlage könnte kaum höher ausfallen
wie merkwürdig trocken der abgrund schmeckt
wie wenig von der alte vergesslichkeit uns
selbstvertrauen in unsere träume schmiert
was kostet das kleine wort
treten sie ein
wenn es doch keine bedeutung hat
Der Wasserhahn - 22. Sep, 10:31
ich hatte gesehen wie er flog
er lächelte
den bademantel ins gesicht gezogen
der himmel voller bares
er öffnete die augen
er schloss sie gleich wieder
mach das radio aus, sagte er
camus ist tot?, fragte er
immer noch, dachte ich
das radio war an
sie spielten cliff richard
magst du cliff richard fragte er mich
ich antwortete nicht
ich sah aus dem fenster
ich sah wie du das fenster öffnest
hinaussprangst
deine türe war geschlossen
überall war lärm
unverzeihlicher lärm
jemand hatte dich klaus genannt
jemand schenkte dir ein
was ist mit camus, fragtest du
er wartet auf dich, sagte ich
Der Wasserhahn - 22. Sep, 01:26
du erzählst mir da von sandra
die dein teesieb festhielt und
sich nach und nach auszog und
gleich danach
wieder anzog
du sprichst von einem gefühl wie
brennendes metall
wie staub der auf einem vorhang liegt der dich ne menge gekostet hatte
ich fragte dich
was ist los mit dir
ich war es, die sich vor dir auszog
hast du das vergessen
ich hatte gesagt
es liege am teesieb
kaum halte man das teesieb in den händen
schon muss man sich ausziehen
du erzähltest mir von deinem bruder und
dass er in den krieg gezogen war
nicht aufzuhalten, der typ
du hast für seine zukunft gebetet
du hast ihm gewünscht dass er endlich
mal was klar macht oder
dass ihm etwas klar wird
selbsterkenntnis im genickschuss
ich danke
ich lachte dich nur aus
ich hielt dieses taschentuch wie ein abenteuer
in deinen händen
ich verlor den rythmus zu allen
war trotzdem auf der spur
was wir später taten
taten nicht wir
sondern taten du und ich
jeder auf seine weise
ich hatte dir gesagt
ich schreib dir
aber an der art wie ich es sagte
hättest du merken müssen was los war
du warst sehr aufdringlich
du wolltest mich haben
fragtest nach meinem mietvertrag usw.
aber wahrscheinlich hast du recht
wahrscheinlich war es wirklich nicht ich
die dir den rest gab und du alles
danach nur noch vermasseln konntest
grüß sandra von mir, wenn du sie irgendwann einmal triffst
sag ihr
man existiert nur
wenn man es aufschreiben lässt und jetzt
halte dich von mir fern
sonst ergeht es dir wie all den zukunftssicheren unglücklichen
die hinter mir liegen
sie sehen alle wie begraben aus
wahrscheinlich habe ich sie deshalb so gerne
Der Wasserhahn - 21. Sep, 00:41
kinderleins schreiben
an die grossmütter und großväter
schreiben
bitte
hebt
die stimme
für uns auf
wenn wir
sind
erwachsen
nehmen wir sie auf und
denken an euch
im guten
wie im schlechten.....
ich schrieb dies gedicht
ich musste weinen
soeben wollte ich einen
hund kaufen
aber es reichte wieder nur
für ein brötchen
mit dem brötchen im mund
ging ich zu petra
ich sagte petra
wir müssen was tun
die erde geht unter
petra drehte ihre mütze zur anderen seite
das muss reichen, sagte sie
Der Wasserhahn - 20. Sep, 09:07
Ich kann es jetzt tun
Du hast es verpasst
Wenn jetzt alles wichtig ist.
Ich vergesse morgen
Das Auto ist da.
Buchstaben zu Farben.
Dort können Jungen und Mädchen schreiben.
Was tun mit dem Orang-Utan?
Ich habe ein Gesicht mit meinen Großeltern.
Was ist das Problem?
Jetzt muss der Junge Schokolade essen.
Du musst bezahlen.
Aus diesem Grund
Der Ort, an dem die Menschen seit vielen Jahren leben, ist ruhig.
Der Wasserhahn - 20. Sep, 06:43
sie wirft dir ein handtuch hinterher
sie sagt
ich mag mich an vergessenes erinnern
sie knabbert an salzstangen
sie sieht dich an
sie sieht dich an
wie sie kurz davor die salzstangen ansah
sie nimmt an irgendeinem wettbewerb teil
du hoffst dass sie nicht gewinnt
du hast angst sie könnte nachlässig werden
wenn sie gewinnt
sie sammelt augentropfen um sie in deine
nase zu reiben
sie geht über deiner haut spazieren
sie sagt
ich habe angst mich zu verlaufen
deshalb stehst du vor ihrer türe
sie ist damit beschäftigt
den blinden zu erzählen
was die augen nicht sehen
sie wirft dir ein handtuch hinterher
sie sagt
das ist für später
wenn du verstehst was ich meine
Der Wasserhahn - 20. Sep, 01:53
durch die strassen ziehen
die strassen einer fiktiven frau
irgendwo eine raumstation
irgendwo ein federleichtes ereignis
kurz davor noch
einen tropfen guten verschwitzten kaffee
das gefühl, nein nicht das gefühl
der gedanke daran dass jemand nackt sein kann
und dass das nicht ich sein muss
tomatengeschältes abenteuer
wir am rand
an den rand geschossen
erniedrigt durch die anderen
plantagen voller träume
weißt du, sage ich, wenn ich mir vorstelle
das irgendwo ein ereignis wäre
aber ich käme nicht ran
ein schuss zu viel
ein schuss zu wenig
du schaust rund um die uhr auf die uhr
du willst keinen augenblick versäumen
du willst versöhnung
du willst dass die augenblicke vergesslicher werden
so dass sie sich erneuern
während ich alleine durch die strassen ziehe
alles eine ewigkeit kostet
doch wer weiß
vielleicht ist es das wert
Der Wasserhahn - 20. Sep, 01:21