jetzt mal ernsthaft
obwohl es schon sehr lange ernsthaft ist
ich weiß
ihre kindheit war nicht gut
meine auch nicht
ich habe lange zu viel getrunken
und sie
sie können menschen in andere länder
schicken
sie haben das zeug dazu und sie tun es
es sind zweierlei dinge aus denen man
nur furchtbares machen kann
es tun oder es tun können
sie tun es
ich habe oft gehört wie schlau sie sind
und
dass das einfache volk hinter ihnen steht
weil sie es verstehen
ja ich bekam erzählt
es gäbe eine sendung in der sie einmal im jahr auftreten und
das klagen ihrer leute anhören und sofort versuchen zu helfen
ihr ernst
sie helfen?
nun lassen sie bahnhöfe beschiessen
und das nennen sie am ende noch gerecht
gerecht weil alle nazis sind die am bahnhof stehen und
vor ihren soldaten fliehen wollen
züge kommen manchmal zu spät und manchmal zu früh und
manchmal ist man so wütend auf eine ganze welt dass es
besser wäre sie würden gar nicht kommen
anna karenina kann davon ein lied singen
meine güte was machen sie aus russland
dem land von daniil charms und marina zwetajewa
wie gehts einem so wenn man erwacht und man hat diesen mist nicht geträumt
sondern erledigt das alles
als wärs das normalste der welt

sie trafen sich vorm haus
rauchten zwei oder drei platzpatronen
dann gingen sie heim
rauchten vier oder fünf mosaiksteine
sie bildeten einen kreis
riefen jemanden an
spielten lieder die erst existierten wenn sie alles gegen die wand gefahren hatten
jemand kochte vor wut
jemand pfiff drauf
es war die alte geschichte vom modernen menschen
es war die geschichte die man bereits schon hundert mal
gelesen hatte und immer hatte man nur draufgelegt und
sich geschworen
beim nächsten mal zahl ich dem barden nix mehr

mein Name schmerzt nicht
ich heisse Rosalia
ich bin gestorben
mein Name nicht
mein leben war kurz
ich hab viel gehustet
im jahre 1920 sagte man mir
du bist tot

ich bin nicht alleine
um mich herum sind andere
die machen mir keine angst

ich bin tot
ich bin klein
mein herz ist rein
ich bin Rosalia
es gibt eine menge zu erzählen
doch wozu
muss man immer erzählen

es war 1920 ich starb
ich bekam nichts mehr von dem was man
so dringend brauchte
nun bin ich eine mumie
nichts ist mehr nötig
höchstens dass einer etwas schreibt und
am ende nicht weiß
wozu

gestern ist sie aus dem schlaf gefallen
Sie öffnete die Tür
Sie ging mit einem der Gäste
gestern ist sie aus dem schlaf gefallen
wer weckte sie
lieh ihr geld für den zug
Sie hat nicht geschlafen
Es hat einige Zeit gedauert
während der traum in ihrer nähe das fenster nicht schließt
Sie öffnete die Tür
Es war noch früh
Sie dachte nicht an ihn
er war weit weg
Sie erinnerte sich, dass er weit weg war
Sie wusste, was es bedeutet, weit weg zu sein

und ich sah diesen mit pergament papier beschriebenen schuh
es ward ein schuh eines kindes
der schuh zog magisch in meine augen
überall roch es nach ausserirdischen
fremde stiessen einander an
ein enger freund rief
bist du mein bruder
ich sank und klanglos was die worte übergriff
der samen in der hand
die drina
es ward ein schuh
ein grüner stiefel eines schuhs
es war aus einem film
ich fühle gerechtigkeit muss mir gelingen
ich lachte in die drina
der tränen wegen

fast zu spät um das licht noch einzuschalten
die uhren stehen herum um sie
tina und toni vergraben sich
sie sitzen draußen
während es in der wohnung friert
sie flüstern
sie schauen sich an
als hätte irgendwer ihre sprache
überrannt und die erhole sich nun hier draußen
morgen wird es merkwürdig sein, denkt sie
die pausen dazwischen
den mund voller blicke
die angst die hände könnten abhanden kommen
morgen
werden wir uns trennen
so wie sich untrennbare trennen
wir werden uns trennen und wieder anfangen
das wird morgen so sein
während die nacht die seite umblättert und jemand
es ist krieg schreit
als wüsste man das nicht selber

dass man erwacht
müde
verloren in der welt
verloren die welt
dass man die gedanken wegfegt
die augen zersägt
oder vergisst
dass man welche hat
dass die magie der sprache
du bist
du nadel im gesicht der strengen
der befehlsempfänger
der dogmaten
der vergesslichen
die nichts vergessen
deren schweigen
in deinem blut klebt
so viele wunden
brennen
eilen davon und du hebst sie auf
und schreibst
gegen die laufrichtung der macht

tina und toni trafen sich im zoo
sie setzten sich auf eine bank
tina und toni waren sprachlos
sie waren begabt
sie arbeiteten irgendwo
es gab keine sicht auf eine verbesserung
manchmal rutschten sie aus
aber sie taten sich nicht weh
sie liebten gedichte die erst noch geschrieben werden mussten
sie mochten es gerne zu sagen, wir müssen doch zur bibelstunde
sie gingen nicht zur bibelstunde
sie sägten dinge ab
montags rannten sie barfuss durch die strassen
klatschten in die hände
zogen in die augen des anderen
dienstags waren sie klug
klug wie die vergrabenen orte die man nicht suchen und
schon gar nicht finden konnte
manchmal machten sie pläne
immer legten sie sich ohne die ins bett
sahen sich an und fragten
wer bist du

etwas von der wand kratzen
irgendeinen sinn
ein lied
eine textzeile
der rest einer windhose
von der stille verjagt

du warst noch da
gestern
früher oder später
draußen der wind
er dreht seine runden
er weckt die frischen brötchen
er schaut dem letzten bier hinterher

es ist zeit
zeit sich an das gebell zu gewöhnen
an die irrtümer die mir erzählen
wie gut sie es meinen mit der nächsten

ein kurzer noch dachte ich und redete mir
ein
danach nie wieder zu vergessen an was
man sich erinnern soll

die nächsten nächte
das nächste verlassen
du scheinst womöglich nichts mehr zu erkennen davon
wie du nach hause getragen wurdest und
jemand dir sagte
das sei für immer so
dass man die augen öffnet und das ist niemand mehr da
der für dich die stille begräbt

weiß nicht ob ich ihm sagen soll
ich existiere nicht
weiß nicht ob er das kapiert

dabei ist er schlau
er hat das zeug zu kapieren
er geht nie als erster zum rollfeld

er hasst das rollfeld
ich habe ihn erfunden
er müffelt

in seiner hose sieht
es sehr praktisch aus
er ist drauf und dran ein mann zu sein

er schweigt
ich schweige
dann legen wir los

das zimmer lacht gequält
was tut ihr da, fragt der stuhl

die alten brote zimmern ein leben ohne anfang
wir begegnen uns
wir wissen
wenn das licht auf uns fällt wird es sehr dunkel

wie gerne reisen gut tun
spinnennetz
er legte ein brot auf seine knie
er schüttete seine blicke raus
raus in die welt
er zog eine brille aus einer alten schachtel
er wiederholte dies
er träumte
er wäre ein aktenschrank aus fichtenholz
wie gerne er daran dachte
er sagte
ich bin bescheiden
ich bin alkoholiker
ich sammele buchstaben
ich bin draußen
ich suche den wald
ich versuche es gut zu machen
so gut wie unmöglich
er lachte nicht
er sagte
ich bin ein held
morgen kauft er sich einen hund aus plüsch
ich warte drauf
dass er mich einlädt und mich mit ihm alleine lässt

ich war dort
saß auf einer vaterbank
es stand mir nicht zu

es stand ihm nicht zu
so zu tun
als erwarte seine frau
sein drittes kind

sein drittes kind glich einem echo
er war sorgenvoll
trank cognac
er trank zu viel cognac

das war gelogen
schade
wie man so lügen kann
man betrügt sich ja selber

eines tages fand er einen soldatenhelm
einen alten soldatenhelm noch vor der eiszeit
er legte seine gedanken in die nacht
ist doch alles für nen arsch, dachte er

es war frühling und er war verliebt
sie trug eine jacke aus seide
wie oft noch
wie lange müssen wir uns diese lustigen
gedanken anhören die überhaupt nicht
lustig sind

er malte bilder aus dem handgreif
es war unfassbar
als würde ein clown rechtecke sammeln
so malte er

uferlos stand sie dunklen rauch in
der taucherbrille
abgeschworen der liebeleien mit
dem dampfwalzenpersonal
schmid, grubert und ingo
endlich lagen draht an draht
gewachsen der zukunft städten
in den eilig hingeschmierten parolen
du gehst heute maggi holen
du bringst es in unser versteck und
du redest vom schweigen
am ende der zeit

es ist nacht
er hat sich ihr foto angesehen
er möchte weinen
sie möchte traktor fahren
was weiß er davon

als kind war es leichter
da hingen die masten tiefer
da fuhren die traktoren durch ihre träume

in der nacht legen sich alle in ein gemeinsames bett
sie liegen da und träumen sie verkleinern die sicht
sie umarmen die die es mögen umarmt zu werden
sie sagen dinge
stellen es in den raum und erwachen

irgendwer flieht
flieht aus der stadt
flieht vor dem vertrauten ort
flieht vor der zukunft
der angst
den langen reisen

er möchte nicht ankommen
will nicht wissen was es bedeutet erkannt zu werden
er will nicht erkannt werden
er will hinter den stacheldrahtzäunen stehen und
dich ansehen
wie müde du bist möchte er sagen
wie müde die welt geworden ist

sie geht
geht hinab
eilt sie?
ja sie könnte es eilig haben
irgendwo wartet ihr grab
sie spricht nicht darüber
sie trennt das schweigen vom erkennen

sie sind müde
die soldaten wollen schlafen
doch sie müssen auf dich schiessen
nur um später zu sagen
wir waren das nicht

alles ist betrachtung
alles kostet not
vergessen bedeutet nicht dass man verzeiht
man kann nichts verzeihen
wenn es gerade wieder geschieht

oh sie lagen wach
selbst im schlaf
traten die türen ein
zogen die nächte um
beschlugen die fanfaren
ihre gesichter
senkten die sirenen ihren blick
sangen die
das nie taten
plötzlich und unvorbereitet
winkten die leichtmetalle
beschworen die mutlosen
mut zu haben
riefen die
die in den tiefkühlhäusern lagen
die liebe sie existiert

ein held ist einer der am morgen nicht erwacht
sondern über das erwachen lacht

mit vierzehn jahren wollte ich
bereits betriebswirt werden

mit siebzehn machte ich eine
ausbildung zum betriebswirt

ich trank vielleicht etwas zu viel apfelwein
deshalb sagte simone
du bist ein anarchist

ich bin kein anarchist sagte ich
ich wusste gar nicht
was sind die aufgaben eines anarchisten

ich kaufte einen schwarzen koffer
dort legte ich meine unterweisungen rein

hat ein anarchist einen schwarzen koffer
fragte ich simone
die eigentlich sue hieß

sue war finanzberaterin
ich lernte sie in der kirche kennen
sie betete gerade zu gott
dass der krieg aufhöre und dass
man aufrüsten soll

deutschland braucht eine atombombe
sagte sie zu gott
sonst gehen die anderen unter

gott, stellte ich mir vor
hörte sich ihr klagen an
er weckte jesus und sagte
siehst du
so wirds gemacht

als kind bin ich jeden abend
drei flaschen bier für den vater holen gegangen
jede nacht habe ich eine kerze aufgestellt
dass das aufhört

früher ging ich gerne an den besetzten häusern vorbei
einmal ging ich hin
lieh mir ein rad und brachte es ohne kette
wieder zurück

heute schreibe ich ein gedicht
für maryam hassouni
ich weiß wie unendlich worte sein können
wie sie frieren wenn sie nicht angesehen werden

früher arbeitete ich in einem tiefkühlhaus
ich weiß also wie es ist wenn man friert

als hätte er einen roman verschluckt
als sei er irgendwo dort wo niemand war
er und der roman
sonst niemand
als hätte er keine fragwürdige butter im kühlschrank
als sehe er nicht aus dem fenster
sehe iris vor dem fenster sitzen
nackt, dachte er nicht selten
nackt sieht sie wie ein vergessener schatz aus
ein schatz den man zurufen muss
zieh dich an, sie haben gesagt, es wird kalt
merkwürdige linnen
als gelte es suppen zu packen
summen zu zählen und zu warten
dass hinter der zeit jemand steht

jeden morgen hoffte er
als gregor samsa auf die welt zu kommen
er hatte sich den traum den er
jemand anderen stahl
so gut es ging zurecht gelegt
auch hatte er die türe nicht
verschlossen
was er so sonst immer tat, aus
angst vielleicht, jemand könnte
ihm seine ideen stehlen
doch es wurde nichts daraus
als er am nächsten morgen erwachte
war er ein pferd
er galoppierte davon
wenn auch viel zu schnell