hey julia, ruft romeo
vereinfachen wir die handlung
an was denkst du
ich denke an deine lippen und
dass sie schmecken wie alles ungesagte
was ist ungesagt
ungesagt ist dass über was wir
im schlaf sprechen
wir sprechen nicht im schlaf
nein, wir sprechen nicht
aber wir sagen uns was und das
kommt sogar ohne gesicht aus
ohne gesicht und ohne jede betrachtung
einfach nur so
als wären wir immer da
wir kämpfen gegen windmühlen
selbst wenn wir schweigen
hören wir die verzweiflung mit
der anna karenina zu uns spricht
sie spricht nicht
nein
aber sie ist eine landvermesserin die vergessen will
vergessen können wir gut
aber nur wenn wir uns ans vergessen erinnern
rauchende worte
dunkle buchstaben
die toten beginnen zu erwachen
sie erwachen wie die leute die am morgen
lippen berühren
schweig
ja ich schweig
was soll man auch sonst tun
es gibt verbindungen die bestehen
als hielte man für eine ganze ewigkeit den atem an
das tun sie doch gerne
sie fragen nicht mehr
nein
sie tun es einfach
julia, wir kratzen das glück
wir sammeln die augen auf
für jede betrachtung vergräbt der himmel
eine berührung
als könnte man das sagen
als könnte man einer berührung sagen
was sie ist
Der Wasserhahn - 4. Nov, 09:01
plötzlich ist das wort da
man dreht es lauter
man versündigt sich noch
die schreie lärmen
die stumm sind schweigen
man hört die träume
an den bushaltestellen verweilen
morgen, sagt er
werde ich ein dichter sein
schreie, als würde jemand
vergessen
tatjana schreibt einen brief
sie legt ihr herz hinein
er hört es tropfen
er hört ihr gesicht
ihr gesicht ist schöner
was meint er
wir erkennen ihn nicht
eugen onegin der bankangestellte
fragen sie ihn nach einen kredit
vielleicht bekommen sie was
Der Wasserhahn - 3. Nov, 01:49
gestern verschwand sie aus der türe
das teesieb in den händen
ein auge, dass ein anderes zählt
zahlen sind wie tränen
wenn sie uns erreichen tut es
uns schon wieder weh
gestern rannte die türe ihr hinterher
wie eine flüchtige sekunde
wie die nähe von der man nicht reden kann
wie der freiste satz
gesprochen von einer toten
gesprochen von einer dichterin
die nicht vergessen kann
solange nicht...
worte gleiten ab
sehen durch die nase
opfern viel nähe
sagen
dass was deutlich ist wird kaum
einer sagen
schweigen wir
morgen wird die vergangenheit beginnen
werden die türen nicht mehr wissen was
ankommen bedeuten kann
die abschiede umarmen sie und flüstern ihr zu
bleib doch noch ein bisschen
Der Wasserhahn - 2. Nov, 16:26
artmann gelesen
dann geschrieben
dann die fernsehzeitschrift
der taschenrechner
dann aus dem fenster
die nachbarin winkt
sie fällt aus dem rahmen
sie pfeift nach generälen die ohne blut auskommen
sie trägt einen schwarzen pulli
den pulli habe ich ihr zu meiner verlobung geschenkt
da erzählt artmann dass er aus seife menschen machen kann
nein
das erzählt er nicht
er sagt
wir sind brave ungeduldige mutlose
die tanzen wenn man es ihnen befiehlt
und was wenn man es ihnen nicht befiehlt
gestern lag ein zettel auf der treppe
ich dachte nicht daran ihn aufzuheben
ich wollte nicht
wenn der wille größer ist als der betrug
muss man sich immer für den willen entscheiden
selbst wenn der wille betrug ist und der
betrug wille
artmann war ein dichter
er lebte von großen und von kleinen sätzen
ich weiß es nicht
ich lese nicht
ich schaue mir gesichter an und falle hinein
Der Wasserhahn - 2. Nov, 10:00
flüstern
sie umarmen
die angst
in ihnen brennt
sie sehen
was nicht
vergessen
werden kann
eine alte frau flüstert
sie flüstert kein gebet
wie sollte sie ein gebet
flüstern
es war weit und breit
nicht die rede
von gebeten
als sie kamen und ihre
tochter und sie holten
die tochter brachten
sie mehrmals am tag um
sie nennen das
normal das im krieg
vergewaltigt wird
die steine erkennen daran
nichts normales
sie erkennen den zug
mit dem die irren durch
die abteile rasen
ihr mut hängt
von ihrer bewaffnung ab
es ist nichts dabei
jemanden zu töten sagen die steine
jemanden zu lieben
sagen sie
das ist die last
mit der wir leben
sagen die steine
sie sehen sie
sie wissen
es vergeht kein tag
an dem es nicht geschieht
jede vergewaltigung ist
krieg gegen die menschheit
jeden tag geschieht es
jeden morgen erwacht die
alte frau und flüstert den steinen
die namen zu
Der Wasserhahn - 1. Nov, 23:47
etwas war oder es geschah
gestern oder
im nächsten augenblick
leiden
er konnte das fenster nicht
öffnen
hätte sie gerne hinein geflüstert
mit dem lautesten flüstern der welt
jemand sagte
es gibt sie noch
die vergessenen nächte
die nächsten worte
das nächste verlassene gemeinsame
etwas war nah
platzte in den spiegel
flüsterte
alle tragen ihre namen davon
was spielt es für eine rolle
ob man vergebens darauf wartet
verlassen zu werden
leiden
jemand hört zu rufen auf
jemand irrt in die gesellschaftlichen mitte
für manche ist es zu oft
andere wieder erfinden phrasen damit
etwas dabei herausgefiltert wird
am morgen
die nacht
am morgen der fallende
der etwas erzählen will
alle tragen namen
sie flüstern sie sich nachts im traum
wenn ihr verlangen mehr als nur phrasen
wünscht
jemand kommt heim
jemand ist heimgekommen
jemand versucht jede nacht heimzukommen
Der Wasserhahn - 1. Nov, 23:39
der schlaf wächst zurück
das pferd nimmt ihn auf
träumt
es würde schlendern über
eine brücke
aus ihren augen kratzt es
den rest von sinnlichkeit
den pferde gerade noch nötig haben
da war viel rauch
doch er reichte nicht
da war viel sterben
aber man zählte nicht
die vielen die zu unrecht
starben
verdarben den schuldigen
den traum
das pferd stand hinter den
träumen
der traum änderte sich
jemand der eben noch vergessen
hatte
wie müde er war
war längst eingeschlafen
wenn er erwacht
wird er im gefängnis erwachen
er wird sich fragen stellen und
vergessen dass die fragen zu nichts taugen
das pferd ähnelt im traum den fragen
es vergräbt sie bevor es erwacht
es vergisst sie
bevor sie begreift
Der Wasserhahn - 1. Nov, 23:06
purzel erschrak
er hatte ein bild von lenin in
seine arme genommen
das fühlte sich dort
so weich an
wo es nicht
weich sein durfte
er stellte sich lenin
nackt vor
er stellte sich vor
wie marlene ihn in seinen spitzen bart biss
er stellte sich seine augen vor
er fragte sich was kerzenlicht bedeuten kann
in unserem jahrtausend
er fand das jahrtausend fad
ein uhrwerk ist nichts dagegen
alles kam ihm überflüssig vor
lenin fragte ihn
bin ich gezeichnet
er hatte sein kinn angehoben
mit den fingerspitzen
versöhnte sie sich mit seinem mund
dort ist der abgrund lachte sie
das dämmerlicht wurde live übertragen
jeder der kommentieren konnte
kommentierte
einer zog seine elektrischen geräte
zusammen
stapelte sie
so hing alles zusammen
lenin hätte beinah von der liebe
geredet
dick butterman goss sich noch whiskey ein und
als lenin fragte
ob er noch was will
nickte dick und sagte
bist ein kluger mann
alles war so lächerlich
als ginge es um nichts
der verhörer sprach unter
einer decke mit seinem pimmel
seinem pimmel ging es nicht gut
etwas war schief gegangen
die tänzerin saß in der kneipe und fror
sie dachte an das gebiss von herrn jäger
herr jäger war bodenlos
obdachlos
hoffnungslos lag er unter dem sarg
er verschwand nicht
er konnte nicht verschwinden
aber er roch an der zeit
er fragte sich
warum seine soldaten
immer tanzten
wenn er vom ende redete
hätte er vom abgrund geredet
sie hätten nur geredet
aber das ende ließ sie tanzen
ohne dass sie sich bewegten
wie fern alles dort lag
ganz nah beinander
wie nackt lenin war
so nackt konnte nur lenin sein, sagte der volksmund
hinter den treppenstufen standen ein paar gerissene giraffen
den zoo hatten sie hinter sich
sie versteckten sich nicht
sie versteckten ihre bildung
ika schwamm in der sonne
ihre nackheit gehörte nur ihr
sie floh wenn jemand begriff
dass es schlechte gitarrensolis gab
sie lag in den armen einer nacht
die umarmte ihn
so oft sie nur konnte
Der Wasserhahn - 1. Nov, 11:03
schönheit, dachte ich
ist keine geschmacksache
es ist eine trennung
eine trennung die sich nicht ändern lässt
oder so
ich ging spazieren
im wald roch es
deshalb ging ich dort nicht hin
ich sah einen roboter auf einem
traktor fahren
ich dachte mir
so sehen die bauern also aus(wenn es in den wäldern riecht)
ich rannte zu dem traktor
ich rief
bernd, was ist mit dir, du siehst nach eisen aus
der robotor stieg vom traktor
er begleitete mich in sein haus
auf den bildern in der küche suchten die
schon lange verstorbenen gemeinsamkeiten
der robotor hielt einen schraubenzieher
in seinen guten händen
ich nahm ihn
sah den roboter an
dann drehte ich die schrauben fester
er lächelte
er konnte nicht lächeln
trotzdem lächelte er
das ist schönheit
wir drehen sie feste und schon
beginnt sie lautlos zu lächeln
obwohl sie das gar nicht kann
der eiserne bernd nahm ein bad
später dann im bett träumte er
von mir
wir lagen auf einer wiese und ich fragte
ob ich ihn ölen darf
Der Wasserhahn - 31. Okt, 21:11
er dachte an die lachenden Passanten, die versuchten, die internationale zu pfeifen
lichtflecken tauchten hin und wieder auf
zigaretten wurden ausgedrückt oder flogen in pfützen
er war nicht sicher ob sie existierte
ich wohne bei meinem freund, sagte sie
sie zeigte auf die hochhäuser
rauch kam von dort
viele worte wurden darüber verloren
dort wohnt doch nur abschaum hätte
er gerne gesagt
er war etwas traurig
sie sah so gut aus
sie war die schönste frau
mit der er je durch die strassen spazierte und nun
wohnte sie dort wo man nicht wohnen sollte
was ist, hätte sie gerne gefragt
sie ahnte was er dachte
warum er immer öfter stehenblieb
ja dachte er, so könnte
es sein
wenn ich nicht hier auf dieser brücke stehen würde und
zusehe wie sie mein schweigen berührt
heimgehen wird
einen vergessenen satz mehr auf den lippen
Der Wasserhahn - 31. Okt, 17:52
all zu leicht gingen ihre augen
wieder hinaus aus seinem spott
sein gesicht war hart
sein gesicht fror
er wünschte sich ein paar augen
die sehen
dass er beschlossen hatte
nichts mehr zu beschliessen
er sah was er nicht sah klar
vor sich stehen
er legte viel wert darauf
dass sein schicksal keine farben kannte
er verwandelte pech in pech
hätte er einmal glück gehabt
man hätte ihn sicher nicht erkannt
Der Wasserhahn - 31. Okt, 03:57
wirklichkeit und wirklichkeit
wirklichkeit für fremde
ein zerschossener brief
ein satz
so gehorsam
wie schuhwerk sein kann
im hotelbett schweigen
die dämmerung ziert sich noch
blumenläden unten
im dachgeschoss träumt einer den faden
den auden verliert
ein grab
ein grabgesang so heiter
so nah
die nacht in der die züge die zeit nach hause tragen
gemeinsam brannte man davon
das zimmer löscht das licht und
ist wieder allein
Der Wasserhahn - 31. Okt, 02:08
wenn auch nur für kurze zeit
am beckenrand
bei den wechselwählern kuschelt er sich ein
sieh nur
wie sie sanft deinen rücken auf ihren legt
so kann man leben
wenn auch nur kurz
man kann doch sehen
dass du sie vergisst
im moment
des gehens
erinnerst du dich an sie
legst dein haupt in ihr vorstadtgesicht
ihr vater ist general
im kriegsfall bestimmt er die wenigen ziele
im kriegsfall darf er rufen
stühle zusammenrücken
da sitzt er also neben ihr
während sie darauf wartet
dass er beginnt von den letzten
goldenen schüssen zu reden
von den ehemaligen alkoholikern die
durch die stadt gehen
ohne bindung zu den trinkerhallen
liegst du bei ihr
sieh nur
sie öffnet die hände
deine augen fallen hinein und
versöhnen sich mit ihrer ernüchterung
Der Wasserhahn - 30. Okt, 03:33
er ist nicht mehr so blauäugig dass
er jedes klavier für ein klavier hält
manchmal ist es einfach nur ein bellen
oder jemand hat vergessen seine konservendosen wegzuwerfen
es ist etwas mit dem himmel, findet er
er hat es raus
er steht im abseits
er hört wen er nicht genau hört
das knacken seiner knochen und irgendeine stimme
mit unruhigen klang ruft ihm leise ins ohr
na, komm schon, es wird zeit
doch noch kann er nicht
er steht standhaft zwischen den stellen die er nicht ausmachen kann
ist es der klang einer tauben nachtigall oder ist es die linie
eines flusses
eine geborgenheit die er auf keinen fall mitzählen darf
er fasst zusammen
die welt ist eine kniescheibe
ein herumwandelndes buch dessen wörter man entgeistert
ansehen muss, um sie zu verstehen
um zu verstehen muss er die augen schliessen
den mund bewegen
ziellos als hätte einer seiner freunde zu viel getrunken
oder
als sei jemand gegangen
jemand der vorbeigeht an ihm
der eine kerze in der hand hält und die
nächste kirche sucht
aus der er fliehen kann
Der Wasserhahn - 29. Okt, 20:33
alles erkennbare
all die
die sagen
sagen die das oder
all die
die wir sagen
sagen
seht doch dort
niemand da
alles vergessen
alles erinnern
ein geist
im geäst
plötzlich unterbrichst du das gedicht
denkst was wirklich wichtiges
doch nein
du weißt es ja
du schreibst es nicht auf
du trägst es spazieren
du flüsterst ihm zu
es ist nähe
und sie ist überflüssig
Der Wasserhahn - 28. Okt, 23:15